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Wintringer Hof - Das Bio-Aushängeschild an der Oberen Saar mit neuem Angebot

Der Wintringer Hof in Kleinblittersdorf von oben. Seit mehr als 30 Jahren wird dort Biolandwirtschaft von der Lebenshilfe Obere Saar betrieben und viele behinderte Menschen sind dort beschäftigt.
Der Wintringer Hof in Kleinblittersdorf von oben. Seit mehr als 30 Jahren wird dort Biolandwirtschaft von der Lebenshilfe Obere Saar betrieben und viele behinderte Menschen sind dort beschäftigt.

Kleinblittersdorf. Mehrfach ausgezeichnet, jährlich zertifiziert und mit 140 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber in der Gemeinde Kleinblittersdorf – der Wintriger Hof in Kleinblittersdorf ist das Bio-Aushängeschild der Oberen Saar. „Wir haben weitaus mehr Fläche für unsere Tiere, als vom Gesetz für einen Biohof vorgeschrieben ist. Wir machen das bewusst für unsere Tiere“, sagt Mike Kleinbauer, der Chef des Wintringer Hofes. Bei einem Rundgang präsentiert er mit Stolz und Freude die Anlagen für die Tiere. „Wir sind leider eine Stunde zu spät, sonst hätten hätten wir die Geburt eines Kalbes live mitverfolgen können. Mutter und Kalb sind aber wohl auf“, sagt der 47-Jährige am Freitagnachmittag mit einem Grinsen.

 Etwa 250 Bioschweine werden in jedem Jahr auf dem Wintringer Hof geschlachtet. Davor hatten sie ein Leben mit viel Auslauf.
Etwa 250 Bioschweine werden in jedem Jahr auf dem Wintringer Hof geschlachtet. Davor hatten sie ein Leben mit viel Auslauf.

Das große Alleinstellungsmerkmal des ökologischen Biolandwirtschaftsbetriebes der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderungen Obere Saar ist die soziale Komponente. 100 Mitarbeiter sind Menschen mit Behinderungen, die jeden Morgen mit Bussen nach Kleinblittersdorf zur Arbeit gebracht werden und abends wieder abgeholt werden dürfen. „Ich durfte die ganze Woche die Schweine misten“, sagt ein Mitarbeiter mit einem Funkeln in den Augen, als wäre es für ihn die größte Freude der Welt.

 

Die Arbeit auf dem Biohof ist aber auch anstrengend. „Wir müssen sehr hohe Auflagen erfüllen und werden einmal im Jahr eine Woche lang von einer Prüfungskommission quasi komplett auf den Kopf gestellt. Bislang haben wir das Zertifikat immer problemlos erhalten“, so Mike Kleinbauer.

Am Freitag um die Mittagszeit gab es Zuwachs bei den Kühen und ein Kalb wurde geboren.
Am Freitag um die Mittagszeit gab es Zuwachs bei den Kühen und ein Kalb wurde geboren.

Seit mehr als 30 Jahren betreibt die Lebenshilfe Obere Saar den Wintringer Hof erfolgreich. 540 Masthähnchen und 700 Legehennen gibt es. Sie leben auf den Wiesen um den Hof herum und haben umgebaute Bauwagen als Nachtquartiere. 250 Schweine werden pro Jahr geschlachtet, und hinzukommen noch 35 Mutterkühe und 35 Kälber, die auch dem Hof leben.

 

Das Fleisch, Obst und Gemüse vermarktet der Wintringer Hof im eigenen Hofladen, auf Märkten in Saarbrücken und St. Ingbert und in ausgewählten Supermärkten. Hinzu kommen etwa 180 000 Liter Bio-Apfelsaft, die der Hof in jedem Jahr produziert. „Bio ist mittlerweile in allen Supermärkten verfügbar. Aber Bio aus der Region ist für mich noch einmal eine Stufe höher. Bei uns können sich die Kunden direkt über alle Produkte und auch über den Produktionsablauf vor Ort informieren“, erklärt der Hofchef.

Mike Kleinbauer ist seit zwei Jahren der Chef auf dem Wintringer Hof und geht in seinem Beruf voll auf.
Mike Kleinbauer ist seit zwei Jahren der Chef auf dem Wintringer Hof und geht in seinem Beruf voll auf.

Die Mitarbeiter im Hofladen und auch in der Verwaltung berichten von einem regelrechten Bio-Boom in der Corona-Zeit. Alle Produkte werden um ein Vielfaches mehr nachgefragt, als noch vor Corona. Das zählt vor allem für die Bio-Geflügelwurst, die der Wintringer Hof neu in seinem Programm hat. Salami, Bierwurst, Jagdwurst und sogar Fleischkäse und Lyoner stellt der Wintringer Hof aus den eigenen Biohühnern her. „Die Nachfrage ist enorm. Wie schlachten einmal pro Woche frisch und können die Anfragen kaum bedienen. Die meisten Kunden bestellen ihre Produkte bereits im Voraus. In der Weihnachtszeit war es ähnlich. Es sieht tatsächlich so aus, als seien die Menschen allmählich dazu bereit für sehr gute Bio-Qualität auch mal einen Euro mehr zu bezahlen“, so Mike Kleinbauer. 

Die nächste Generation an Legehennen und Masthähnchen wächst auf dem Wintringer Hof auf.
Die nächste Generation an Legehennen und Masthähnchen wächst auf dem Wintringer Hof auf.

Der Chef und seiner Mitarbeiter haben darüber hinaus noch eine Besonderheit bei den Kunden entdeckt und werden darauf reagieren. „Wir haben sehr viele junge Kunden, die berufstätig sind und alleine oder zu zweit leben. Wir wurden schon öfter gefragt, ob wir unsere Produkte auch als Gerichte zum Mitnehmen anbieten können. Und daran arbeiten wird zur Zeit. Gulaschsuppe oder Frikassee sind bereits in der Testphase und werden sehr gut angenommen. Wir kochen vor und zu Hause braucht man nur noch aufzuwärmen“, so Mike Kleinbauer. Die Bioprodukte verarbeitet als Menü gibt es auf dem Wintringer Hof auch direkt im Restaurant Landgasthaus, das zudem auch noch ein Hotel ist und am Jakobsweg liegt.

Die Lebenshilfe Obere Saar produziert auf dem Wintringer Hof jährlich etwa 180 000 Liter Bio-Apfelsaft.
Die Lebenshilfe Obere Saar produziert auf dem Wintringer Hof jährlich etwa 180 000 Liter Bio-Apfelsaft.

Der Kulturort Wintringer Kapelle bietet nur einen Steinwurf entfernt auch noch eine geschichtliche Komponente in dem gesamten Ensemble. Ein Ensemble, das eigentlich ein großer Kreislauf ist, in dem die Bioabfälle wieder verfüttert werden und mit dem Mist die Felder gedüngt werden. Fotovoltaik-Anlagen auf den Stalldächern produzieren den täglich verbrauchten Strom. „Bio-Landwirtschaft ist durchaus wirtschaftlich, wie man an unserem Beispiel sieht“, meint Kleinbauer, „man darf aber nicht vergessen, dass sehr viel Arbeit und Liebe in dem ganzen Projekt steckt und man sich vor allem in der heutigen Zeit ständig neu erfinden muss, um voranzukommen.“ 

Text und Fotos: Heiko Lehmann