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Lokalpolitik im Chaos - Ortsvorsteherin tritt zurück - Mandatsträger wechselt zu Wählbar

Während der Corona-Pandemie tagt der Gemeinderat von Kleinblittersdorf in erste Linie in der Kleinblittersdorfer Spiel- und Sporthalle. Am 26. August werden die Ausschüsse neu besetzt.
Während der Corona-Pandemie tagt der Gemeinderat von Kleinblittersdorf in erste Linie in der Kleinblittersdorfer Spiel- und Sporthalle. Am 26. August werden die Ausschüsse neu besetzt.

Kleinblittersdorf/Bliesransbach. Lokalpolitisch ist in der Gemeinde Kleinblittersdorf in diesen Tagen normalerweise Sommerpause. Nach einem turbulenten Jahr mit Photovoltaik-Anlage und Endstufenausbau in Bliesransbach, mit einem umstrittenen und abgelehnten Neubaugebiet in Kleinblittersdorf und mit einem sehr umstrittenen Spielhallen-Vorhaben in Rilchingen-Hanweiler sollte die Lokalpolitik im Sommer zum Durchatmen kommen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Es geht hinter den Kulissen sogar so mächtig ab, dass sich die Machtverhältnisse im Gemeinderat ändern.

Nadja Doberstein möchte als Ortsvorsteherin von Kleinblittersdorf zurücktreten.
Nadja Doberstein möchte als Ortsvorsteherin von Kleinblittersdorf zurücktreten.

Der erste Paukenschlag ist der geplante Rücktritt der Kleinblittersdorfer Ortsvorsteherin Nadja Doberstein (Grüne). Nach Saarlokal-Informationen möchte die 34-Jährige, die seit 2019 im Amt ist, noch in diesem Sommer zurücktreten. Für eine Stellungnahme war Nadja Doberstein nicht zu erreichen. Es heißt jedoch, dass sie das Amt aus privaten Gründen nicht mehr ausüben kann. Die Kleinblittersdorferin ist mit Profiboxer Jürgen Doberstein verheiratet und hat im Frühjahr ihr drittes Kind zur Welt gebracht. Im Ortsrat möchte die Grünen-Politikerin aber bleiben. In der September-Sitzung des Ortsrates wird demnach ein neuer Ortsvorsteher oder eine Ortsvorsteherin für Kleinblittersdorf gewählt. Der Ausgang der Wahl ist berechenbar. SPD (vier Sitze) und Grüne (zwei Sitze) haben bei der Doberstein-Wahl schon gemeinsame Sache gemacht – die FDP hat einen Sitz, die CDU vier Sitze.

Adalbert Eich verlässt die FDP.
Adalbert Eich verlässt die FDP.

Da das zweite Ratsmitglied der Grünen, Peter Krauser nach Saarlokal-Informationen aus Altersgründen als Kandidat ausscheidet, deutet alles auf Karl-Peter Fuhr (SPD) als neuer Ortsvorsteher hin. Fuhr hatte Doberstein (Mutterschutz) zum Jahresbeginn als Ortsvorsteher vertreten und großes Lob geerntet.

 

Der zweite Paukenschlag in der Kleinblittersdorfer Kommunalpolitik ist der Wechsel des FDP-Gemeinderatsmitgliedes Adalbert Eich aus Rilchingen-Hanweiler zu Wählbar (Parteilose Wählergemeinschaft) nach Bliesransbach. „Ich sehe meine Zukunft in der freien Wählergemeinschaft Wählbar. Die mir fehlende Bürgernähe, welche nun meiner Meinung nach, um ein vielfaches mehr gegeben ist, oder auch die Verlagerung einiger Ausrichtungen und Ansichten sind Gründe für meinen Wechsel“, sagt Adalbert Eich. Ein Wechsel, der Folgen hat. Die FDP verliert einen Platz im Gemeinderat an Wählbar und somit bleibt Holger Fuchs aus Kleinblittersdorf der einzige FDP-Vertreter im Gemeinderat. Mit nur einer Person verliert die FDP den Fraktionsstatus und kann künftig im Vorfeld der Sitzungen keine Anträge mehr stellen.

Holger Fuchs von der FDP.
Holger Fuchs von der FDP.

„Ich kann zu Beginn der Sitzungen Anträge stellen und der Rat kann dann entscheiden, ob sie auf die Tagesordnung genommen werden. Es ist schade, die Bevölkerung hat sich bei der Wahl ja für die FDP entschieden und wir haben zwei Plätze bekommen. Ich werde aber ganz normal weitermachen und sehe darin nicht nur Nachteile“, sagt Holger Fuchs.

 

Anders als bei Sportarten, kann man in der Kommunalpolitik während einer Legislaturperiode von Partei zu Partei wechseln, wie man möchte. Das Kommunalselbstverwaltungsgesetz (KSVG) macht es möglich. Neu in dem Gesetz ist seit Ende vergangenen Jahres übrigens, dass die Ausschüsse nicht mehr gewählt werden, sondern anhand der Sitzverteilung im Rat aufgeteilt werden. Die Folge: Die FDP und Linke plus (zwei Ratsmitglieder) sind in keinem Ausschuss mehr vertreten. Nach Saarlokal-Informationen gab es wohl Gespräche zwischen FDP und Linke über eine Zusammenarbeit. Aufgrund der politischen Ausrichtungen ist eine Zusammenarbeit in einer Fraktion wohl nicht möglich.

Stephan Weimerich (Wählbar), der Ortsvorsteher von Bliesransbach.
Stephan Weimerich (Wählbar), der Ortsvorsteher von Bliesransbach.

Durch den Wechsel von Adalbert Eich zu Wählbar hat Letztere nun wie die Grünen drei Sitze im Gemeinderat Kleinblittersdorf und ist dadurch automatisch auch in jedem Ausschuss vertreten. „Adalbert Eich ist mit großem Interesse auf unsere Fraktion Wählbar zugekommen, da ihm unsere Bürgernähe und unser gelebtes freies Mandat, also ohne Fraktionszwang, sehr gut gefällt. In mehreren Gesprächen haben wir deutliche Übereinstimmungen festgestellt und sind froh, dass wir ihn durch unsere Art von Politik gewinnen konnten. Dass wir dadurch in den Ausschüssen profitieren, ist ein positiver Nebeneffekt“, sagt Wählbar-Chef und Ortsvorsteher von Bliesransbach Stephan Weimerich. Wählbar ist eine junge Wählergemeinschaft aus Bliesransbach, die etwas bewegen möchte. Adalbert Eich stammt aus Rilchingen-Hanweiler. „Grundsätzlich sind wir für alle Ortsteile offen, es muss eben passen. Ohne Corona wären wir dort auch bereits präsenter gewesen, dies werden wir nachholen. Jetzt haben wir ja einen ,Wählbaren’ in Hanweiler, mal schauen, was die Zukunft bringt“, erklärt Stephan Weimerich.

 

Die nächste Sitzung des Gemeinderates ist am 26. August in der Spiel- und Sporthalle Kleinblittersdorf. In der Sitzung werden auch die Ausschüsse neu gebildet.

Text und Fotos: Heiko Lehmann.