· 

Hut ab! Bliesransbach feiert die virtuelle Kirb - mit Video von der Kirmesrede

Helga (links) und Clara Kessler kochten am Montag für 140 Menschen in Bliesransbach Leberknödel und fuhren das traditionelle Kirwe-Esse mit Sauerkraut und Püree im Ort aus.
Helga (links) und Clara Kessler kochten am Montag für 140 Menschen in Bliesransbach Leberknödel und fuhren das traditionelle Kirwe-Esse mit Sauerkraut und Püree im Ort aus.

Bliesransbach. In kaum einem anderen Ort im Regionalverband Saarbrücken und wahrscheinlich auch im ganzen Saarland wird die Kirmes so gefeiert, wie in Bliesransbach an der Oberen Saar. Normalerweise wäre von vergangenem Sonntag bis zum heutigen Dienstag der ganze Ort auf den Beinen gewesen und hätte die „Kirb“ gefeiert. Doch wegen des Coronavirus musste das Fest des Jahres in dem knapp 2000-Seelen-Dorf in diesem Herbst ausfallen. Aber das nahmen die Bliesransbacher nicht einfach so hin. Denn Kirb ist nun mal Kirb und die wurde sogar während des Ersten und während des Zweiten Weltkrieges gefeiert. Denis Kany ist der erste Präsident von etwa 40 Kirwebuwwe im Alter von 18 bis 60 Jahren in Bliesransbach. Er grub am Sonntag die Kirb mit Frack und Zylinder im eigenen Garten aus und die Kirwebuwwe schauten online zu.

Wie hier im Jahr 2019 sorgen die Bliesransbacher Kirwebuwwe an der Kirmes immer für richtig Stimmung. In diesem Jahr wurde die Kirmes virtuell gefeiert.
Wie hier im Jahr 2019 sorgen die Bliesransbacher Kirwebuwwe an der Kirmes immer für richtig Stimmung. In diesem Jahr wurde die Kirmes virtuell gefeiert.

Es war zwar komisch und seltsam, aber so schnell lassen wir uns die Kirb nicht nehmen. Wir haben sogar über die sozialen Medien alle einen zusammen getrunken und uns gegenseitig Fotos geschickt“, erklärt der Bliesransbacher Kirwe-Präsident. Michael Becker ist der Vorsitzende des Sportclubs Bliesransbach. Er war vor 20 Jahren der Kirwe-Redner und hat am Sonntag spontan zur Feder gegriffen und eine Krimesrede geschrieben. Um 15 stand er dann im Garten und verlas die Rede über Lautsprecher. „Die Kirmes ist das größte, was wir im Ort haben. Wir vermissen alle die Kirb. Das geht nicht nur mir so“, sagt Michael Becker. Er hat in den sozialen Medien im Internet zur offiziellen, virtuellen Kirmes aufgerufen. Mehr als 100 aktuelle und ehemalige Kirwebuwwe machten mit und schickten hunderte Fotos von damals und heute.

Bei uns im Ort kann ja wegen des Virus Vieles ausfallen, aber die Kirb nicht. Normalerweise starten die Kirwebuwwe dienstags ihre Dorftour bei mir. Das klappt in diesem Jahr nicht. Dafür bekommen die Jungs 100 Liter Bier von mir. Das holen wir nach, sobald wir wieder dürfen“, sagt Stephan Weimerich, der Ortsvorsteher von Bliesransbach, der früher selber Präsident der Kirwebuwwe war und heute immer noch Kirwebub ist. An Kirmes-Montag gibt es in von den Kneipen in Bliesransbach normalerweise immer kostenlos das traditionelle Mittagessen Leberknödel, Sauerkraut und Püree. Und das gab es auch in diesem Jahr. 

Denis Kany (links) und Rafael Forster beim Ausgraben der virtuellen Kirmes in Bliesransbach.
Denis Kany (links) und Rafael Forster beim Ausgraben der virtuellen Kirmes in Bliesransbach.

„Wir haben einen Abhol- oder Bring-Service für die Bliesransbacher eingerichtet. Wir haben den ganzen morgen gekocht und danach das Essen ausgefahren. Es ist schon komisch, wenn an der Kirmes der ganze Ort wie ausgestorben ist“, sagte Helga Keßler vom Gasthaus Keßler, die mit ihrer Tochter Clara 140 Portionen Kirwe-Essen kochte. Eine große saarländische Brauerei spendet spontan ein Dose Bier zu jeden Mittagessen. Am Dienstagabend wird die virtuelle Kirmes in Bliesransbach wieder beerdigt. Am Mittwoch gibt es vom Gasthaus Knoll auch das traditionelle Heringsessen nach der Kirmes. Auch hier kann das Essen bestellt oder abgeholt werden. Die Bliesransbacher haben eindrucksvoll bewiesen, wie auch in Corona-Zeiten mit allen Regeln gefeiert werden kann, wenn man will.

Text und Fotos: Heiko Lehmann.