Sitterswald. Willi Ludt hat die Hände auf die Knie gestützt, ist konzentriert und sagt zu seinem Partner ein letztes motivierendes „Los, das schaffst du.“ Sein Partner ist Pierre Bopp. Pierre ist bereits in der Hocke, holt aus und lässt die kleine Boule-Kugel genau im richtigen Moment los. Die Kugel fliegt exakt auf die gegnerische Kugel, räumt diese aus dem Weg und verhilft Willi und Pierre somit zum Sieg. Die beiden ungewöhnlichen Boule-Spieler der Boule-Kulturgemeinde Sitterswald freuen sich. Ungewöhnlich deshalb, da die beiden ein Altersunterschied von 78 Jahren trennt. Willi ist 84 Jahre alt und Pierre gerade einmal sechs Jahre alt. Es ist eines der außergewöhnlichsten Doppel im saarländischen Boule-Sport. „Es ist wirklich erstaunlich, wie stark Pierre mit sechs Jahren schon spielt. Wenn er so weitermacht, wird er mal ein ganz Großer“, sagt Willi Ludt.
Der 84-Jährige ist der Ruhepol mit ganz viel Erfahrung. Er spielte bereits 14 Jahre lang auf dem Heidstock Boule. Dort hatte sein Bruder mit einem Arbeitskollegen Anfang der 2000er Jahre einen Bouleclub gegründet. „Ich stehe zwar auch auf den Wettkampf, aber bei mir zählt das Vereinsleben und die Kameradschaft zuerst. Und da es bei uns in der Nähe keinen Boulclub gab, der mir gefielt, bin ich eben immer nach Heidstock gefahren“, blickt der Sitterswalder zurück. Er hat zuerst 20 Jahre als Gipser gearbeitet und danach mehr als 20 Jahre als Gussschweißer. Heute hält sich Willi Ludt mit Hundespaziergängen in den Sitterswalder Wäldern fit. Und er freut sich auf den Dienstag und den Freitag. Denn dann verwandelt sich der Platz vor dem Waldhaus in Sitterswald zum Boule-Treffpunkt. „Als ich im vergangenen Jahr hörte, dass sich unserem Männergesangsverein ein Bouleverein angeschlossen hat, konnte ich es zuerst gar nicht glauben. Ich habe mich natürlich sofort angemeldet. Es ist meine große Leidenschaft“, erzählt Willi Ludt.
Und wenn es dann freitags noch so schon warm ist und die Sonne scheint, wie am vergangenen Freitag, dann macht Boule noch mehr Spaß. „Und noch mehr Spaß macht es, wenn wir gegen das Doppel mit meinem Vater gewinnen“, sagt Pierre Bopp und grinst. Mit der letzten Kugel sorgte der Sohnemann für den Sieg über Papa Peter Bopp, der sogar schon Deutscher Meister im Boule war. „Ich mag das Spielen mit Willi. Ich kann von seiner Erfahrung noch viel lernen“, sagt der Sechsjährige. Er wohnt in Rilchingen-Hanweiler und geht im französischen Saargemünd zur Grundschule. Er kann deutsch und französisch sprechen und mag es auf mehreren Hochzeiten zu tanzen. Er spielt nicht nur Boule in Sitterswald, sondern auch Fußball beim SV Auersmacher. Was ihm mehr Spaß macht, weiß er noch gar nicht so genau. Das Talent beim Boule ist aber offensichtlich.
Er ist der jüngste Lizenzspieler des Saarlandes und wurde schon zum Auswahltraining der saarländischen Boule-Auswahl eingeladen. Doch das Training fiel wegen der Corona-Krise ins Wasser. Genau wie der Ligabetrieb. Die Boule-KG Sitterswald wollte eigentlich gleich im ersten Jahr ihres Bestehens mit zwei Mannschaften in der Liga antreten. Auch Pierre Bopp und Willi Ludt wollten sich endlich mit Doppel aus anderen Vereinen messen. Doch das fiel bislang alles flach. „Das ist schade, aber das Training macht uns auch Spaß. Wir sind immer so etwa 18 Leute und jeder spielt mal mit jedem und gegen jeden. Es ist einfach herrlich, Boule direkt vor der Haustüre zu haben“, sagt Willi Ludt, bevor er sich zusammen mit Pierre Bopp wieder die Kugeln schnappt. Denn der nächste Trainingsgegner hat das wohl außergewöhnlichste Boule-Doppel des Saarlandes zu einem Trainingsspiel heraus gefordert.
Text und Fotos: Heiko Lehmann.