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Dominik Gummel ist IT-Spezialist und ein unbekannter Held des Jahrhundert-Unwetters

Dominik Gummel in der Technischen Einsatzleitung der Feuerwehr Kleinblittersdorf. Er hat die Kommandozentrale in einen Hightech-Raum verwandelt.
Dominik Gummel in der Technischen Einsatzleitung der Feuerwehr Kleinblittersdorf. Er hat die Kommandozentrale in einen Hightech-Raum verwandelt.

Kleinblittersdorf. Zwei große Flachbildschirme hängen an der Wand und auf drei Schreibtischen stehen drei Computer und vier Monitore. Dominik Gummel sitzt gleich vor zwei Monitoren und gibt in einer Windeseile Buchstaben und Zeichen in den Rechner, dass ein Normalsterblicher nur ungläubig die Augenbrauen hochziehen und staunen kann. „Das ist jetzt nichts Weltbewegendes. Ich bin in einem Programm, das ich selber geschrieben habe und suche etwas“, sagt der Informatiker in den Räumen der Freiwilligen Feuerwehr in Kleinblittersdorf. Im Kleinblittersdorfer Gerätehaus ist die Technische Einsatzleitung (TEL) für die gesamte Gemeinde. Sie kommt zum Einsatz, wenn das Aufkommen von Schadensereignissen, wie beispielsweise bei Starkregen, so groß wird, dass die Berufsfeuerwehr in Saarbrücken die ganzen Einsätze nicht mehr alleine koordinieren kann.

Beim Jahrhundert-Unwetter am 1. Juni 2018 in der Gemeinde Kleinblittersdorf gab es 200 Einsatzstellen gleichzeitig.
Beim Jahrhundert-Unwetter am 1. Juni 2018 in der Gemeinde Kleinblittersdorf gab es 200 Einsatzstellen gleichzeitig.

Dann kommen die Einsätze für die Gemeinde direkt bei uns an und wir können von hier aus unsere Löschbezirke zu den Einsatzorten schicken. Das hatten wir gerade letzte Woche noch, als es den ganzen Tag überall stark regnete“, erklärt Dominik Gummel. Er ist gebürtiger Homburger und großer Fan des Fußballvereins FC Homburg. Seit 2004 wohnt er in Kleinblittersdorf. Mit der Feuerwehr hatte er nie etwas am Hut. „Ich hatte 1999 die Wahl, ob ich zur Bundeswehr oder zur Feuerwehr gehe. Ich habe mich für die Bundeswehr entschieden, da die Feuerwehr in Homburg so weitläufig verteilt ist und das gefiel mir nicht“, erklärt der 41-Jährige. In Kleinblittersdorf ist das anders. Da kennt jeder jeden und die Feuerwehr ist eine echte Institution im Ort. Klick hat es bei dem Computerspezialisten aber erst im Jahr 2015 gemacht. „Damals gab es an meinem Computer im Arbeitszimmer direkt unterm Dach einen Kurzschluss und der Dachstuhl fing an zu brennen. Ich war nicht zu Hause. Meine Frau bemerkte den Brand. Die Feuerwehr kam sofort, löschte alles und niemandem ist etwas passiert“, erzählt der gebürtige Homburger.

Dank der Vorarbeit von Dominik Gummel behielt die Feuerwehr trotz der verheerenden Schäden den Überblick.
Dank der Vorarbeit von Dominik Gummel behielt die Feuerwehr trotz der verheerenden Schäden den Überblick.

Danach entschied er sich spontan, der Kleinblittersdorfer Feuerwehr beizutreten. Seit Fazit nach fünf Jahren Feuerwehr lautet: „Ich könnte mich jeden Tag aufregen, dass ich nicht schon viel früher zur Feuerwehr bin. Es ist einfach spitze. Die Kameradschaft ist super und wir helfen anderen Menschen, die in Not sind“, erzählt der Fußballfan, der viel lieber den FC Homburg guckt, als die Fußball-Bundesliga. Was die Kleinblittersdofer Feuerwehr im Jahr 2015 noch nicht wusste war, dass Dominik Gummel ein Königstransfer werden sollte. So würde man es im Fußball-Fachjargon bezeichnen. „In der TEL in Kleinblittersdorf gab es zwar ein Computerprogramm zur Unterstützung bei den Einsätzen, aber das funktionierte nie richtig und wenn, dann nur auf einem Computer. Also mussten wir die einzelnen Einsätze mit Zettel an eine Wand heften, um den Überblick zu behalten. Das ging mir irgendwann so auf den Keks, dass ich anfing etwas zu ändern“, sagt der Feuerwehrmann.

Die Bevölkerung dankte nach dem Unwetter den vielen Helfern.
Die Bevölkerung dankte nach dem Unwetter den vielen Helfern.

Über Monate schrieb der 41-Jährige Programme selber, organisierte über Kontakte die notwendigen Geräte und installierte im Gerätehaus sogar einen eigenen Server, der auch noch funktioniert, wenn der Strom ausfällt. Zu Beginn des Jahres 2018 wurde er mit allem fertig. Eine Anlage, die mit allem drum und dran tausende Euro wert ist, aber die Gemeinde durch die Kontakte von Dominik Gummel keinen Cent gekostet hat. Zudem spielt die Anlage jetzt in einer ganz anderen Liga. „Es ist nicht nur eine andere Liga, wir spielen Champions League. Ich habe selbst bei Berufsfeuerwehren noch keine solche Anlage gesehen“, sagt der Informatiker stolz. Die Rennerei mit Zetteln zur Wand hatte in Kleinblittersdorf von heute auf morgen ein Ende. Auf den großen Leinwänden blinken bei Einsätzen kleine rote Feuerwehrautos auf einer Karte der Gemeinde, so dass die Einsatzleitung bei mehreren Einsätzen sofort weiß, wo welcher Löschbezirk gerade ist und zu welchem Einsatz welches Feuerwehrauto den kürzesten Weg hat.

In Bliesransbach stürzte damals ein Auto mit einer Brücke ein.
In Bliesransbach stürzte damals ein Auto mit einer Brücke ein.

Alle eingehenden Alarmierungen werden sofort in das System geleitet und blinken ebenfalls sofort auf der Karte. Es gibt noch viele weitere solcher Funktionen, die die TEL in Kleinblittersdorf in eine Hightech-Zentrale verwandeln. Wenige Monate nachdem Dominik Gummel das Projekt abgeschlossen hatte, ereignete sich in der Nacht zum 1. Juni 2018 das Jahrhundert-Unwetter in der Gemeinde Kleinblittersdorf. Mit der alten Technik in der TEL wurden zehn bis 20 Einsatzstellen zur gleichen Zeit eine große Herausforderung. In jeder Nacht im Juni 2018 waren es 200 Einsatzstellen zur gleichen Zeit. „Das System hat einwandfrei funktioniert und wir hatten immer genau den Überblick, wie wir reagieren mussten. Das war ein echter Härtetest“, sagt Dominik Gummel ganz bescheiden. Ohne das Fachwissen und die Arbeit des 41-Jährigen wäre in der Jahrhundertnacht wohl auch die TEL durch eine noch nie dagewesene Flut an Einsätzen untergegangen. Wie dann die ganzen, und im Nachhinein von der Bevölkerung hoch gelobten Einsätze abgelaufen wären, steht in den Sternen. Fest steht aber, dass Dominik Gummel ein wahrer Königstransfer für die Feuerwehren in der Gemeinde Kleinblittersdorf wurde, der mit seinem Einsatz in der TEL spätestens in der Jahrhundert-Nacht zum kleinen, aber bislang unbekannten Helden wurde.

Text und Fotos: Heiko Lehmann.