· 

"So viele Kirschen gab es noch nie" - Im Rekordjahr wird das Obst sogar verschenkt

Jörg Jung aus Auersmacher kommt mit dem Ernten und Verschenken von Kirschen in diesem Jahr kaum nach.
Jörg Jung aus Auersmacher kommt mit dem Ernten und Verschenken von Kirschen in diesem Jahr kaum nach.

Auersmacher. Die Redewendung, dass mit jemandem nicht gut Kirschen essen sei, kann man in diesem Jahr, zumindest mal in Bezug auf das Obst, getrost über Bord werfen. Denn so etwas wie in diesem Jahr war in dieser Form noch nicht da. Jörg Jung aus Auersmacher steht mit seinem Vater Theo im Garten vor einem Kirschbaum, der in seiner Größe schon rekordverdächtig ist. Blickt man auf den Baum sieht man praktisch nur Rot und dazwischen ein paar grüne Blätter. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass der Baum jemals so voller Kirschen hing. Und der Baum ist älter als ich“, sagt der 80-jährige Theo Jung. Sein Sohn Jörg hat schon nahezu unendlich viele Kirschen geerntet, gegessen, eingekocht oder zur Brennerei gebracht. 

So viele Kirschen gab es noch nie.
So viele Kirschen gab es noch nie.

Alle Nachbarn und Freunde waren schon da und haben geerntet und der Baum hängt immer noch voll. „Ich habe in der vergangenen Woche in den sozialen Netzwerken gepostet, dass sich jeder, der möchte, bei uns Kirschen abmachen kann. Wir wissen nicht mehr wohin mit den ganzen Kirschen“, berichtet Jörg Jung. So wie ihm geht es zur Zeit vielen Menschen mit eigenen Kirschbäumen. Viele haben Schilder in ihren Vorgärten aufgestellt und laden jeden zur kostenlosen Kirschernte ein. Wie Familie Anton aus Saarbrücken. Währen Sohn Marcel Anton gerade einen Eimer Süßkirschen für ein paar Freunde erntet, erzählt Papa Hermann Anton auch von einer so noch nicht dagewesenen Rekord-Kirschernte.

Eine perfekte Ernte.
Eine perfekte Ernte.

Dieser Baum steht schon länger hier, als wir hier leben. So eine Ernte haben wir noch nicht erlebt. Wir haben schon viel Marmelade, Chutney und Kirschessig hergestellt und viele Freunde waren schon hier und haben sich bedient. Und es sind immer noch so viele Kirschen am Baum. Ich glaube, das Wetter war in den vergangenen Wochen ideal für die Kirschen. Bei Hitze dauert die Erntezeit höchstens eine Woche. Jetzt sind es schon drei Wochen“, berichtet Hermann Anton und liegt mit seiner Einschätzung genau richtig. Jutta Peter aus Rilchingen-Hanweiler ist die Vorsitzende des Bezirksverbandes Saarbrücken im Verband der Gartenbauvereine Saarland/Rheinland-Pfalz. „Man spricht bei der Erntezeit von sieben verschiedenen Kirschwochen und das Wetter ist in diesem Jahr perfekt. Das war es übrigens auch schon in der Blütezeit. Das gilt auch für anderes Obst“, sagt Jutta Peter und erklärt weiter.

Marcel Anton aus Saarbrücken hat mit seiner Familie alle Menschen aus der Umgebung zur Rekordernte eingeladen.
Marcel Anton aus Saarbrücken hat mit seiner Familie alle Menschen aus der Umgebung zur Rekordernte eingeladen.

Erdbeerbauern hängen auf ihren Feldern viele Hummelkästen auf, da diese früher aktiv sind als die Bienen und dadurch die Erdbeeren früher bestäuben. Die Hummeln fliegen aber auch zu den Kirschbäumen. In diesem Jahr hat einfach alles gepasst“, so die 73-Jährige. Für sie und viele andere Obst-Fachleute ist eine solche Ernte nicht unbedingt ein Rekord. Durch die professionelle Pflege ihrer Obstbäume haben die Experten öfter solche Ernten. Das Außergewöhnliche ist in diesem Jahr, dass alle eine solche Ernte haben. Wie Jutta Peter weiß, gibt es mehr als 400 Süßkirschsorten und noch mehr Sauerkirschsorten.

Kirschen soweit das Auge reicht.
Kirschen soweit das Auge reicht.

Kirschbäume sind normalerweise richtige Mimosen unter den Steinobstsorten. Die brauchen eine unglaublich sensible Pflege und genau die richtige Wassermenge. In diesem Jahr hat die Natur von ganz alleine für diese perfekten Bedingungen gesorgt und das ist äußerst selten“, sagt sie. Es ist jetzt schon abzusehen, dass alle anderen Obsternten in diesem Jahr ähnlich ausfallen werden. Einen Tipp hat die Expertin noch für alle Hobbygärtner. „Wenn Obst einfach so von den Bäumen fällt, sollte dieses Obst in jedem Fall sofort entsorgt werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Obst von Pilzen oder anderen Schädlingen befallen ist. Bleibt das Obst liegen, wandern die Schädlinge in den Boden und kommen im nächsten Jahr wieder zum Vorschein und befallen das Obst erneut. Deshalb sollte das herunter gefallenen Obst sofort weg“, sagt Jutta Peter. Gut möglich also, dass es in diesem Sommer und Herbst noch mehr kostenloses Obst von Menschen für Menschen im Regionalverband Saarbrücken gibt.

 

Text und Fotos: Heiko Lehmann.