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Hanweiler NS-Glocke wird ab Samstag in der Ludwigskirche ausgestellt

Die NS-Glocke wurde im Jahr 2018 in Hanweiler abgehängt.
Die NS-Glocke wurde im Jahr 2018 in Hanweiler abgehängt.

Hanweiler/Saarbrücken. Die NS-Glocke aus Hanweiler hat bereits für reichlich Gesprächsstoff und Diskussionen gesorgt. Nun wird sie als Teil der Ausstellung „Protestanten ohne Protest – die Evangelische Kirche der Pfalz im Nationalsozialismus“ in der Saarbrücker Ludwigskirche erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Die vom Evangelischen Büro im Saarland organisierte Ausstellung beleuchtet das Verhältnis der Kirche zum Nationalsozialismus – und blickt dabei auch auf saarländische Kirchengemeinden. 

Die evangelische Kirche in Hanweiler noch mit Glocke.
Die evangelische Kirche in Hanweiler noch mit Glocke.

Protestantismus und Nationalsozialismus gingen Hand in Hand

Protestantismus und Nationalsozialismus gingen in der Pfalz weitgehend Hand in Hand. NS-Funktionäre sahen sich als gute Protestanten, Kirchenvertreter waren zum Teil begeisterte Nationalsozialisten. Erkennbaren Widerstand gab es vonseiten der Amtskirche nicht. Es waren lediglich einzelne Pfarrer, Pfarrfrauen und Gemeindemitglieder, die sich gegen die Nationalisten und die enge Verbindung der Kirche zu ihnen stemmten. In den ehemaligen preußischen Saarsynoden Saarbrücken und St. Johann führte dies ab 1933 zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen nationalsozialistisch orientierten Deutschen Christen und der sich herausbildenden Bekennenden Kirche.

Letztere setzte sich gegen die Versuche zu Wehr, die Deutsche Evangelische Kirche mit dem Nationalsozialismus gleichzuschalten. Auf 15 Roll-ups bietet die Ausstellung Informationen rund um dieses Kapitel der Kirchengeschichte.

Hanweiler NS-Glocke als Symbol dieses Geschichtskapitels

Der Umgang mit der NS-Vergangenheit treibt die evangelische Kirche schon lange um. „Dieses dunkle Kapitel der Geschichte aufzuarbeiten, ist kein leichtes Unterfangen“, betont Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann. Einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen, sei kaum möglich. Zu schwer wiegten die Verbrechen der Opfer und das Versagen der Kirche. Und so ist es kaum verwunderlich, dass die in den Kirchen auch heute noch zu findenden NS-Insignien und -Relikte für viel Gesprächsstoff sorgen. Bestes Beispiel auf dem saarländischen Gebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland ist die NS-Glocke aus der Erlöserkirche in Hanweiler. Eben jene wird als Teil der Wanderausstellung bis zum 29. Februar in der Saarbrücker Ludwigskirche der Öffentlichkeit präsentiert. 

Vier Hakenkreuze und der Wunsch nach Rückkehr ins Deutsche Reich

„Zerstören darf man eine solche Glocke nicht. Es ist ein Stück der historischen Entwicklung, der man sich stellen muss“, betonte Professor Joachim Conrad vom Historischen Verein für die Saargegend während der Pressekonferenz zur Ausstellung. Die Glocke aus dem Jahr 1933 beherbergt vier Hakenkreuze und nimmt mit der Inschrift „Gott war in Gnaden, daß bald tue kund die Rückkehr zu Deutschland dein eherner Mund 1933“ Bezug auf die Abstimmung über die Rückkehr des Saargebiets zum Deutschen Reich im Jahr 1935.

Presbyterium beschließt Abbau der Glocke

2017 hatte das Presbyterium beschlossen, die Glocke in Hanweiler abzuhängen. Die Evangelische Kirchengemeinde Obere Saar schenkte sie daraufhin dem Historischen Museum des Saarlandes. Im Vorfeld gab es jedoch reichlich Diskussionen, wie Conrad weiß. „Glocken sind ein liturgisches Gerät, sie verkünden, was darauf steht. Deshalb konnte sie nicht hängen bleiben.“ Das sei im Presbyterium unstrittig gewesen, in der Gemeinde jedoch nicht. Auch eine Bürgerinitiative hatte sich dafür eingesetzt, die Glocke an Ort und Stelle zu lassen und mit einer Informationstafel zu versehen. 

Gesprächsabend thematisiert Umgang mit NS-Relikten

Das Beispiel Hanweiler verdeutlicht die Schwierigkeiten beim Umgang mit nationalsozialistisch belasteten Glocken. Passend dazu steht diese Thematik während eines Gesprächsabends am Mittwoch, 12. Februar, um 19 Uhr in der Ludwigskirche im Fokus. Der Vorsitzende des Historischen Vereins für die Saargegend, Professor Joachim Conrad (Püttlingen), referiert zum Thema „Erbe und Auftrag? - Die Glocken der NS-Zeit im Saargebiet“. Der Direktor des Historischen Museum, Simon Matzerath, wird ein Statement abgeben.

„Zum ersten Mal die Geschichte in der NS-Zeit aufgearbeitet“

Grundlage der Ausstellung ist die Publikation „Protestanten ohne Protest“ aus dem Jahr 2016. „Ziel war es, zum ersten Mal in der Geschichte der Evangelischen Kirche der Pfalz, zu der auch der Saarteil gehört, die NS-Zeit aufzuarbeiten“, erläuterte Mit-Herausgeber und Kirchenrat Hofmann während der Pressekonferenz zur Ausstellung. Wichtig sei gewesen, erstmals einen wissenschaftlichen Überblick über dieses Kapitel zu liefern. „Die Ausstellung beschäftigt sich aber nicht nur mit der Zeit des Nationalsozialismus, sondern geht auch darüber hinaus“, erklärt Hofmann.

Zur Sache: Die Ausstellung

Die Ausstellung „Protestanten ohne Protest“ mit einen rheinisch-saarländischen Teil ist bis zum 29. Februar immer dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr in der Saarbrücker Ludwigskirche zu sehen. Sie versteht sich als wissenschaftlich basierte Aufklärung über die evangelische Kirche in der NS-Zeit in leicht verständlicher Sprache. Weitere Informationen gibt es unter www.protestanten-ohne-protest.de/. 

TExt: Andreas Attinger. Fotos: Heiko Lehmann.