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Ein russisches Original fiebert der WM entgegen

 Ein echtes russisches Original. Valerij Jaskov mit Kappe und Trikot aus seinem Heimatland, der ehemaligen Sowjetunion.
Ein echtes russisches Original. Valerij Jaskov mit Kappe und Trikot aus seinem Heimatland, der ehemaligen Sowjetunion.

Saarbrücken. Ust-Koin war einmal ein Holzfällerdorf in der ehemaligen Sowjetunion. Genauer gesagt lag es in der heutigen Republik Komi, ganz im Nordosten Europas. Valerij Jaskov ist dort aufgewachsen. „Das Dorf gibt es heute nicht mehr, wie so Vieles von damals. In Russland, oder besser gesagt in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion hat sich sehr viel verändert“, sagt Valerij Jaskov. Was sich nicht nicht geändert hat, sind das Klima und die Geschichten, die der 55-Jährige aus seiner ehemaligen Heimat kennt. „Wir haben früher auch Fußball gespielt. Im Sommer auf Eishockeyfeldern und im Winter auf Bolzplätzen. Vereine gab es nicht, wir haben uns einfach so getroffen und gekickt“, blickt der Fußball-Fan zurück. Wenn heutzutage im Winter Fußballspiele abgesagt werden, weil der Platz mit Schnee bedeckt ist, kann Valerij nur schmunzelt. „Ich musste zum Bolzplatz immer ein paar Kilometer laufen. Bei uns waren minus 25 Grad eine angenehme Temperatur im Winter. Aber es gab Tage, da waren es minus 40 Grad. Wenn man nach dem Spielen geschwitzt war und musste nach Hause laufen, war das die Hölle. Ich kann mich nicht erinnern jemals wieder so kalt gehabt zu haben“, erzählt der 55-Jährige. Das niedrigste was der gebürtig Russen an Temperaturen erlebt hat, waren minus 58 Grad. „Da geht nichts mehr. Nur noch Holz zum Heizen ins Haus holen und warten, bis es wieder wärmer wird. Bei minus 58 Grad tut das Atmen weh“, sagt der Diplom-Elektroingenieur, der in Nowosibirsk studiert hat und dort auch seine Frau Olga kennen gelernt hat. Die erste Tochter ist in Nowosibirsk aufgewachsen, die zweite im Ural und die dritte in Rilchingen-Hanweiler. Vor 26 Jahren zog es die Jaskov's nach Deutschland. Aber wieso? „Mein Opa hieß Weiß und meine Oma Schmitt. Muss ich noch mehr erzählen“, sagt Valerij und lacht. „Meine Urgroßeltern waren Schwaben und sind nach Russland ausgewandert, als es dort günstig Land zu kaufen gab.

Auf dem Sportplatz in Rilchingen-Hanweiler hat Valerij im zarten Alter von 30 Jahren mit dem Fußball spielen begonnen.
Auf dem Sportplatz in Rilchingen-Hanweiler hat Valerij im zarten Alter von 30 Jahren mit dem Fußball spielen begonnen.

Meine Vorfahren waren aber schon einmal in Russland. Irgendwie ist unsere Familie immer gependelt“, sagt der 55-Jährige, der sich immer ein Stück weit als Deutscher fühlte. Deshalb gab es auch keine Probleme bei der Integration an der Oberen Saar. Wir wollten uns integrieren und die Einwohner von Rilchingen-Hanweiler wollten, dass wir integriert werden. Es gab nie Probleme“, erzählt Valerij mit sympathischem, russischen Akzent. Im Alter von 30 Jahren spielte der Man aus Ust-Koin zum ersten Mal organisiert Fußball. So richtig mit Training und Spieltag und Schiedsrichter – Fußball eben. „In der Sowjetunion gab es das in dieser Form nicht. Ich wusste sofort, warum Deutschland im Fußball eine Weltmacht ist. Der Sport ist von A bis Z durchorganisiert. Jeder weiß, was er zu tun hat.“ Zwar fing Valerij erst bei den Alten Herren an zu kicken, doch der Funke sprang sofort über. Erst mit 47 Jahren beendete er seine aktive Karriere, spielt aber heute noch regelmäßig beim 1. FC Westfalia, einem Hobbyfußballverein. „Mit der Truppe haben wir auf einem Turnier schon gegen den Jugendclub von Auersmacher gewonnen und dort hatte Nationalspieler Jonas Hector mitgespielt“, erinnert sich ein stolzer Russland-Deutscher, der heute Abend seinem Heimatland im Auftaktspiel gegen den Saudi-Arabien die Daumen drückt. Deutschland drückt er am Sonntag auch die Daumen. Und wenn beide gegeneinander spielen? „Dann bin ich für den Schwächeren. Als Deutschland im Eishockey-Finale bei den Olympischen Spielen gegen Russland ran mussten, war ich für Deutschland. Beim Fußball wird es wohl um gekehrt sein.“

Text und Foto: Heiko Lehmann