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Zwei Freundinnen singen seit 70 Jahren im Kirchenchor Bliesransbach

Katharina Cavelius (links) und Irma Bähr singen seit 70 Jahren im Bliesransbacher Kirchenchor
Katharina Cavelius (links) und Irma Bähr singen seit 70 Jahren im Bliesransbacher Kirchenchor

Bliesransbach. „In den Abendstunden der Sommermonate kamen früher immer alle Menschen auf die Straße und setzten sich auf die Bänke oder Mauern vor ihren Häusern. Es wurden Geschichten erzählt, viel gelacht und auch viel gesungen“, blickt Katharina Cavelius zurück auf das Jahr 1948. Damals war Katharina 13 Jahre alt und ging mit ihrer Freundin Irma Bähr zum ersten Mal in die Gesangsstunde des Kirchenchores in Bliesransbach. Straßenbeleuchtungen gab es damals noch nicht.

Die Spuren des Zweiten Weltkrieges waren überall noch deutlich zu erkennen. „Die Straßen waren alle ziemlich kaputt. Autos fuhren so gut wie keine. Jeden Freitag sind wir damals in die Gesangsprobe in eine Wirtschaft im Ort marschiert. Manchmal hatte jemand ein Schifferklavier dabei. Aber es ging auch ohne“, blickt Irma Bähr zurück. Im Februar 2017 wurden Katharina und Irma für 70 Jahre Singen im Kirchenchor Bliesransbach mit Urkunden vom Trierer Bischof Stephan Ackermann geehrt.

Geschenke vom Kirchenchor gab es natürlich auch. Irma Bähr musste bei den Gedanken an damals anfangen zu lachen. „Ich weiß noch genau, wie wir nach dem Krieg in der Kirche ein Konzert hatten. Man konnte vom Boden aus die Dachziegel und die Löcher im Dach sehen. Eine Empore für den Chor gab es noch nicht. Also kletterten ein paar von uns auf Leitern. Wir sagen von unten „Hört der Engel helle Lieder“ und von den Leitern kam „Gloria in excelsis Deo“. Das werden ich nie vergessen“, erzählt die 82jährige Irma und gemeinsam fangen Irma und Katharina an zu lachen.

Geselligkeit, viel Spaß miteinander haben und einfach eine große Familie sein – das geben beide als Grund an, wenn sie ihr Leben im Bliesransbacher Kirchenchor beschreiben. Natürlich auch das Singen. „Ich singe jeden Morgen wenn ich aufstehe. Ich singe schon immer – so lange ich denken kann. Früher im Winter kam die Familie abends am Ofen zusammen. Es wurde gespielt, gestrickt und gesungen. Es war eine einfache, aber eine wunderschöne Zeit“, erinnert sich Katharina Cavelius. 

Gut möglich sogar, dass Bliesransbach bereits in den 1950er Jahren den Minirock erfand. „Es war bei einem Fest am Ortsausgang Richtung Bliesmengen-Bolchen. Wir sangen bei einem Konzert als es plötzlich ein heftiges Gewitter mit Platzregen gab. Unsere Plisseekleider gingen in wenigen Sekunden ein und plötzlich hatten wir alle Miniröcke an. Da war vielleicht was los“, sagt Katharina und wieder lachen beide. Geschichten, die sich das ältere Chorsemester heute noch jeden Freitag beim Stammtisch nach der Probe in einem Bliesransbacher Wirtshaus erzählt. „Den Freitagabend lassen wir uns nicht nehmen. Da gehen wir nach jeder Probe einen Trinken. Ich habe mal sechs Jahre mit meinem Mann in Saarbrücken gewohnt und der hat mich für verrückt erklärt, dass ich jeden Freitag nach Bliesransbach fahre.

Aber der Chor gehört nun mal zu meinem Leben, da konnte er nichts daran ändern“, berichtet Irma, die mittlerweile jeden Freitag Katharina mit dem Auto auf dem Weg zu Probe abholt. Beide sind nicht mehr gut zu Fuß, aber die Freitagprobe und die Konzerte mit ihrem Chor nimmt den beiden Damen so schnell keiner. „An Ostern singen wir die kleine Orgelsolomesse und das Konzertprogramm für unser Patronatsfest im Herbst steht auch schon. Vor beiden Konzerten proben wir in den Wochen davor immer zweimal, damit auch alles genau passt“, weiß Katharina. An Ostern singen die beiden dann in der schmucken Bliesransbacher Kirche auf der großen und hübschen Empore. Auf die Leiter muss dann wohl keiner mehr steigen um zu singen, aber eine lustige Geschichte könnte allemal wieder dabei heraus springen.

 

 

Text und Fotos: Heiko Lehmann